Der Koran

Der Koran

Im Jahr 610 wurden dem letzten Propheten des Islam Mohammed im Alter von 40 Jahren die ersten Koranverse durch den Engel Jibril (Gabriel) in der Qadr-Nacht des Monats Ramadan offenbart. Zu dem Zeitpunkt hatte sich Mohammed in der Höhle Hira in Mekka zurückgezogen, um den Ramadan mit Beten und Meditieren zu vollziehen. Bis heute ist die Lailat al Qadr, die Nacht der Bestimmung, eine der bedeutendsten Nächte für Muslime. Das erste Wort, das dem Analphabeten Mohammed überliefert wurden, war „Iqra!“, was dieselbe Wortwurzel wie „Koran“ hat – q, r, a – und „Lies!“ bzw. „lesen, rezitieren“ bedeutet. Insgesamt wurde ihm offenbart:

1. „Lies! Im Namen deines Herren, Der erschuf
2. Erschuf den Menschen aus einem sich Anklammernden (gemeint: Embryo)
3. Lies! Denn dein Herr ist gütig,
4. Der durch die (Schreib-)Feder gelehrt hat
5. Den Menschen gelehrt hat, was er nicht wusste.

Damit waren die ersten göttlichen Worte, die Mohammed erhielt, der Beginn der Sure Al-Alaq, die als 96. Sure im Koran aufgeführt wird. Das laute Rezitieren des Korans gehört seit seiner Offenbarung zu seiner Leseart.
Mohammed erzählte seiner Frau Khadija von der Offenbarung, die ihn stärkte und darin unterstützte, die göttlichen Worte an die Menschen weiterzugeben.

Über einen Zeitraum von etwa 23 Jahren bis ins Jahr 632 erhielt Mohammed durch den Engel die göttlichen Worte, die er an seine Gemeinde mündlich weitertrug, immer wieder korrekt rezitieren und aufschreiben ließ. Als Material wurde das verwendet, was gerade vorhanden war. Die Verse wurden auf Schulterblattknochen von Kamelen, Palmblätter, Schiefersteine, Stücke von Häuten oder Pergamenten geschrieben. Der Hauptsekretär Mohammeds war der Prophetengefährte Zaid ibn Thabit, der den Auftrag hatte, die Offenbarungen niederzuschreiben.
Erst nach Mohammeds Tod wurden die einzelnen Schriftstücke – genannt „mushaf“ (gesammelte Blätter) – der Offenbarung auf Anweisung des jeweils amtierenden ersten Kalifen Abu Bakr und des zweiten Kalifen Umar gesammelt und aufbewahrt. Zu einem einheitlichen und gesamten Buch, wie es bis heute verwendet wird, wurde der Koran durch die Initiative des dritten Kalifen Uthman, der die Schriftsammlungen zusammenfassen ließ. Anlass dessen war, dass es in anderen Ländern bereits Abweichungen in den koranischen Texten gab. Mit einem Ausschuss unter der Leitung von Zaid ibn Thabit wurde eine einheitliche und als authentisch eingestufte Koranfassung erstellt. Diese wurde entsendet an verschiedene Städte, während alle anderen unauthentischen Koranfassungen vernichtet wurden. Die Abschrift aus der Stadt Kufa ist die Grundlage für die heute bekannteste Fassung: Den Kairiner Koran.

Insgesamt fasst der Koran 114 Suren/Kapitel und 6236 Verse und ist auf hocharabisch. Die Suren werden eingeteilt in mekkanische und medinensische Suren, die auf die Zeit der Offenbarung vor oder nach der Hidschra, der Auswanderung nach Medina, hinweisen.
Inhaltlich befasst sich der Koran mit Themen der Glaubenssätze, rechtlichen Angelegenheiten wie z.B. zwischenmenschlichen, wirtschaftlichen, politischen Sachlagen, Geboten und Verboten, der Schöpfungsgeschichte, Wissenschaft und Eschatologie (Bestrafung/ Belohnung nach dem Tod, das jenseitige Leben usw.), sowie Prophetengeschichten wie z.B. über Jesus, Moses, Mohammed usw.
Außerdem werden Gottes Eigenschaften wie seine Einzigartigkeit, seine Barmherzigkeit, Weisheit, Gerechtigkeit usw. im Koran genannt.
Auch die Glaubenssätze, die fünf Säulen des Koran und die Grundlagen des monotheistischen Glaubens sind im koranischen Text zu finden.

Manche Verse im Koran sind infolge eines Offenbarungsanlasses – „asbab an-nuzul“ – als direkte Ansprachen an die Gemeinde Mohammeds bzw. die Menschen seiner Zeit gerichtet.
So haben manche Offenbarungen die Gesellschaftsordnung der vorislamischen Zeit infrage gestellt und revolutioniert. Beispielsweise war es im vorislamischen Arabien verbreitet, neugeborene Mädchen zu töten, was durch eine koranische Offenbarung verboten wurde. Außerdem wurde der Polytheismus und die Götzenanbetung von Gott verboten. Die göttliche Offenbarung leitete die Einführung des Islam durch Mohammed an und kommentierte sie.

Mit den Analysen der Suren und ihren Bedeutungen befassen sich Koranexeget*innen. Die Koranexegese wird Tafsir genannt. Tafsir-Gelehrte gab es schon seit den Anfangszeiten des Islam und viele der bekanntesten Tafsirwerke stammen aus den ersten Jahrhunderten nach der Offenbarung.
Der Koran kann aufgeteilt werden in Verse, die eindeutig zu verstehen sind (muḥkam) und Verse, die mehrdeutig sind (mutašābih).
Viele Expert*innen sind sich heute einig darüber, dass der Koran nicht ohne die Einbeziehung historischer Kontexte ausgelegt werden kann. Diese Form der Koranauslegung nennt sich „historisch-kritische Exegese“.
Der Koranwissenschaftler Prof.Dr.Ömer Özsoy z.B. sagt, dass Passagen über Krieg und Konflikte im Koran keine „übergeschichtlichen“ Aussagen Allahs sind, sondern dass sie eine „Stellungnahme zu den damals politisch-gesellschaftlichen Verhältnissen“ seien. Das Universelle, was den Koran für alle Muslime auch heute noch gültig macht, sei das Wertesystem, das der Koran berge. (s. 24)
Somit wären solche Verse nicht wortwörtlich, sondern als Bedeutung im ganzen Gefüge des Wertesystems des Islams zu verstehen.
Um die Anweisungen in Ge- und Verboten Allahs auch heute noch umsetzen zu können, werden von Muftis, also Rechtsgelehrten, Fatwas herausgegeben, die ein nicht verbindliches Rechtsgutachten darstellen. Die Fatwas beziehen einen Sachverhalt aus einem historischen Kontext auf aktuelle ähnliche Situationen und können somit als eine Handlungsempfehlung angesehen werden.
Inzwischen hat sich die historisch-kritische Sicht auf die Koranauslegung auch in der islamischen Welt immer mehr verbreitet.
Andere Auslegungsarten versuchen Sachverhalte wie z.B. aktuelle Lebensbedingungen in das Verständnis des koranischen Textes einzufügen.

Der Koran ist für Musliminnen und Muslime ein essentieller Teil ihrer Religion. Beim rituellen Gebet, zu Feierlichkeiten, zur Geburt, am Grab – in allen wichtigen Lebensbereichen wird der Koran in seiner Originalsprache rezitiert. Die Offenbarungsschrift ist für Musliminnen und Muslime heilig, weshalb die meisten vor dem Berühren und Lesen des Koran die rituelle Waschung, das Wudu, vollziehen. Schon Kindern werden im Koranunterricht in Moscheen die arabischen Buchstaben beigebracht, um den Koran rezitieren zu können. Die Form des lauten und melodischen Rezitierens nennt sich Tagwid, wobei es beim Tagwid verschiedene Arten gibt. Werden Worte des koranischen Textes falsch ausgesprochen, können sie die Bedeutung verändern. Deshalb ist die korrekte Phonetik sehr wichtig für die Rezitation.

Auch an deutschen Universitäten und Instituten gibt es inzwischen Projekte z.B. zur historisch-kritischen Koranauslegung, der Genese usw. Das Projekt Corpus Coranicum aus Berlin erforscht die ältesten Koranhandschriften und stellt die islamische Lesartenliteratur systematisch zusammen. An der Universität Münster soll der erste theologische Korankommentar in deutscher Sprache entstehen und an der AIWG (Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft) wird u.a. in Praxisprojekten der Transfer neuer Erkenntnisse aus der Koranwissenschaft mit der theologischen Praxis in der Zivilgesellschaft verbunden, sowie interdisziplinär geforscht.

Tinc

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